Wochenspiegel

Graf Rice ließ es in Spa „krachen“

Wiege des Reitsports stand nicht in Aachen

Raeren/D-Aachen. – Mit dem „Großen Preis von Aachen“ endete am Sonntag in der Aachener Soers der diesjährige „CHIO Aachen 2024“. Die Kaiserstadt zieht als „Mekka des Reitsports“ jedes Jahr tausende Besucher in ihren Bann. Alles, was im Reitsport Rang und Namen hat, gibt sich die Ehre. 2026 dann wieder ein Höhepunkt: Die Welt des Pferdesports kehrt dorthin zurück, wo sie schon mehrfach bei Welt- und Europameisterschaften Geschichte geschrieben hat.

Im Rahmen der FEI World Championships Aachen 2026 geht es um Gold, Silber und Bronze. Die Reiter-Elite der Welt ist vom 11. bis 23. August in Aachen vereint. 2025 lockt dann das Spektakel vom 24. Juni bis 4. Juli die Massen in die Aachener Soers. Aber hat die Wiege des Reitsports von Beginn an in Aachen gestanden? Fanden dort tatsächlich erste Pferderennen nach englischem Vorbild in Deutschland statt? Der Reihe nach!

Ein „Geschichts-Juwel“ des Raerener Christoph Laschet (Geologe und Historiker) weckte Interesse auch in Spa. Sein veröffentlichtes Buch „Der Mann, der die Wiege des Aachener Reitsports schuf“, das er aus dem Englischen des irischen Autors Pat Neligan ins Deutsche übersetzt hat, das sich mit dem Leben des irischen Grafen James Louis Rice befasst, ist ein Sittengemälde der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts.

Graf Rice sorgte in Belgien für Furore, er ließ es „ganz schön krachen.“ So in Spa, wo er am 6. Juli 1787 in das „Fontaine d’Or“, Rue de l’Assembleé, einzog. Die Spannungen um die „Jeux de Spa“ hielten an, flammten zu Beginn der Saison auf, als eine Gruppe den Salon von Levoz in Anspruch nahm und darauf bestand, zu spielen. Der Graf hatte zwischen Lüttich, Spa und Aachen regelrecht in ein Hornissennest gestochen. Er legte sich aber auch mit jeder Gesellschaftsschicht an, vom Fürstbischof in Lüttich bis hin zu den einfachen Bauern. In Spa soll er sogar illegale und vielleicht auch betrügerische Spielhöllen betrieben haben. Am Wasserfall von Coo weilte er zum Essen.

Christoph Laschet war persönlich in Spa, hat den örtlichen Historikern das Buch von Graf Rice vorgestellt. Man sei an seiner Geschichte interessiert gewesen und habe gar überlegt, eventuell Auszüge aus dem Buch ins Französische zu übersetzen. Man habe sich auf die Suche nach Unterlagen von Graf Rice gemacht – und sei fündig geworden. Herausgekommen sei auch, dass er eine Freundin aus wohl adeligen, höheren Pariser Kreisen hatte, die schöne und reiche Marquise de Marígny, die leider Gottes bei einem Fährunglück in Ostende zu Tode gekommen sei. Laschet hat in einem Buch des „Aachener Geschichtsvereins“ entdeckt, dass Graf Rice auch mit „Count Ricx“ bezeichnet wurde.

In dem Buch des Raerener Hisorikers geht es auch darum, dass dieser Graf Rice den Reitsport nach Brand, einem heutigen Stadtteil Aachens, gebracht hat. „Die Wiege des Reitsports stand also nicht in der Kaiserstadt Aachen“, so Laschet, denn am 15. Juli 1821 fand in Brand, auf der „Brander Heide“, das erste Vollblut-Rennen Deutschlands statt. Kronprinz Wilhelm I. überreichte den Pokal aus Gold, in Form der Aachener Marktfontäne. In den Folgejahren wurden weitere Pferderennen abgehalten. Graf Rice war ein Abenteurer und Hassadeur. Nach dem Kauf eines Teils der Brander Heide vom Abt in Kornelimünster, baute Graf Rice dort eine Rennbahn.

Da Rice eine umfangreiche Vollblutzucht auf dem Gelände unterhielt, ist es naheliegend, dass er auch in den 1780er Jahren für entsprechendes Publikum Rennen veranstaltet hat. Hermann Schümmer (Geschichtskreis Bürgerverein Brand) weiß: In der heimischen Literatur heißt es dazu, dass jedoch der finanzielle Erfolg ausgeblieben ist. Fest steht aber, das erste Rennen nach englischem Vorbild in Brand wurde von dem englischen Vollblüter „Pigeon“ gewonnen. Das sei in dem Buch „Passion“ umfangreich belegt worden. Und damit der Volksglaube – der leider immer noch im Sport gepflegt wird – als Irrtum entlarvt, der besagt, das erste Galopprennen in Deutschland hätte 1822 in Bad Doberan stattgefunden. (der)

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