Wochenspiegel

Buch des Monats: Ein Hof und elf Geschwister

Öffentliche Pfarrbibliotheken St. Nikolaus und St. Josef

Eupen. – Vor einigen Monaten machten Europas Bauern mobil. Mit schwerem Gerät blockierten sie Autobahnen, legten Großstädte wie Berlin, Brüssel oder Paris lahm und machten unüberhörbar auf die mehr als ungewisse Zukunft ihres einst so angesehenen Berufsstands aufmerksam. Ein Hauch von Revolution lag in der Luft… Der Autor unseres Buchs des Monats, Ewald Frie (Jahrgang 1962), lehrt Neuere Geschichte an der Universität Tübingen, aber er weiß wovon er spricht, wurde er doch als neuntes von elf Kindern einer katholischen Bauernfamilie im Münsterland geboren. In Gesprächen mit seinen Geschwistern beschreibt er meisterlich, wie sich die stolze bäuerliche, durch harte körperliche Arbeit und Gebet strukturierte Landwirtschaft im Laufe der 1960er Jahre auflöste.

Wohlhabende Bauern galten trotz aller Modernisierung plötzlich als rückständig und ärmlich. Ihre Kinder rochen nach Stall und schämten sich ihrer Herkunft. Die kirchliche Arbeit fokussierte sich nun auf die Ausbildung im ländlichen Bereich und Hilfe bei der Vorbereitung einer Hofübergabe.

Mit wenigen Strichen, ohne Pathos und pseudo- poetischer Nostalgie beschreibt Ewald Frie, wie er und die meisten seiner Geschwister Abschied nahmen von der Welt ihrer Eltern.

Aber es war kein trauriger Abschied: „Unsere Eltern ließen uns gehen“ – so der Autor – und eröffneten ihren Kindern „Chancen“, die die Mutter „nie gehabt hatte“ und der Vater wohl „nie hätte haben wollen.“ Fries Erinnerungen berühren, bringen zum Schmunzeln und machen nachdenklich.

190 Seiten „wahren Lebens“, deren Lektüre wir wärmstens empfehlen und die im vergangenen Jahr mit dem deutschen Sachbuchpreis ausgezeichnet wurde!

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