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In Ostbelgien sorgt der Vorstoß aktuell für viel Diskussionsstoff. Dabei darf aber nicht vergessen werden, dass die Möglichkeit der Senkung nur über eine föderale Gesetzgebung geschehen kann. Die Deutschsprachige Gemeinschaft bleibt dennoch größtenteils selbstständig und frei in ihren Entscheidungen, die Unterrichtszeiten auf die hiesigen Bedürfnisse anzupassen.
So können wir als Sprachgemeinschaft frei entschieden, ob wir z.B. eine Halbtagsschulpflicht für drei- und vierjährige einführen, oder ob z.B. ein wöchentliches Stundenkontingent genutzt wird. Im Gegensatz zu einigen Meldungen in der Presse und Kommunikationen seitens anderer Parteien, war und ist nicht die Rede von einer Ganztagsschulpflicht.
Das Bildungssystem in der Deutschsprachigen Gemeinschaft wird landesweit geschätzt. Laut Bildungsministerin Lydia Klingenberg liegt die Quote der Kindergartenbesuche aller Dreijährigen in der Deutschsprachigen Gemeinschaft bei 99,5%. Eine Musterquote, die sich auch die Mehrheit ihrer Kollegen der N-VA für die Flämische Gemeinschaft wünscht. Letztere haben im Senat für die Verabschiedung der Resolution gestimmt.
Die vorbildlichen Zahlen aus der Deutschsprachigen Gemeinschaft sind leider nicht auf das ganze Land übertragbar. Laut einer Studie der OECD liegt Belgien bei Bildungsungleichheiten an dritter Stelle. Ein Podiumsplatz, den keiner in unserem Land einfach so hinnehmen kann. Dass die Resolution im Senat parteiübergreifend verabschiedet wurde, zeigt einmal mehr, wie dringend an dieser Stelle gehandelt werden muss.
Der Kindergarten ist möglicherweise das mächtigste Instrument zur Bekämpfung von Ungleichheiten, das uns zu Verfügung steht. Gleichzeitig ist es das effektivste Mittel zur Förderung des sozialen Fortschritts. Auch in Ungarn liegt die Einschulungspflicht bei drei Jahren. In Griechenland, der Schweiz und Nordirland liegt sie zurzeit bei 4 Jahren.
„Eine Resolution ist kein bindender Gesetzestext. Man kann sie vielmehr als eine Art Empfehlung verstehen, die nun in den Gemeinschaften diskutiert und an die Kammer zur Abstimmung vorgelegt wird. Nur das Abgeordnetenhaus kann über die Schulpflicht entscheiden“, so Freches.
Eine durch die RTBF geführte Umfrage hat ergeben, dass mehr als 58% der Zuschauer eine Einschreibungspflicht ab drei Jahren befürworten. Kinder, die später eingeschult werden, haben viel häufiger mit Schwierigkeiten in den Bereichen Sozialisierung und Autonomie zu kämpfen. Die Ligue des familles bekräftigt dieses Argument:
„Die Resolution kann auch in unseren ostbelgischen Kindergärten aushelfen. Insbesondere in den nördlichen Gemeinden gibt es Verbesserungsbedarf. In anderen Teilen des Landes ist die Lage aber weitaus schwieriger. Hier macht eine Einschreibungspflicht besonders viel Sinn“, so Gregor Freches, von der Partei für Freiheit und Fortschritt.
Mit dem Vorschlag möchte man mehr über die Gründe in Erfahrung bringen, warum manche Eltern ihre Kinder nicht für den Kindergarten einschreiben. Es geht sich nicht darum, Eltern zu bestrafen oder zu sanktionieren. Vielmehr möchte man sie ermutigen und ihnen die Ängste nehmen, indem man frühzeitig einen Begegnungsort mit den Schuleinrichtungen schafft.
Für den Gemeinschaftssenator ist die Diskussion in der Deutschsprachigen Gemeinschaft allerdings ausbauhfähig: „Wir sprechen von einer Einschreibungspflicht. Nicht von einer Unterrichtspflicht. In der PDG-Debatte von vergangenem Donnerstag ist dieser dezente kleine, aber feine Unterschied allem Anschein nach abhandengekommen.“
„Eine tiefgreifende, grundsätzliche Diskussion hat es nicht gegeben. Es gab keinen Antrag auf eine Debatte, die Resolution wurde im Bildungsausschuss nicht behandelt. Stattdessen wurde sie in Form von parlamentarischen Fragen, hochemotional und ohne Fundament durch das Plenum gejagt.
Eine demokratische und fundierte Auseinandersetzung hat es zu dem Thema schlicht nicht gegeben. Mit solch einer Vorgehensweise verbauen wir Chancen, statt welche aufzubauen“, sagt Gregor Freches.